Der Übergang vom Menschwerden zum Menschsein - Teil I

Okt. 08, 2023
In diesem Post geht es darum, wie wir den Übergang aus der Schwangerschaft ins Leben für das Kind gestalten können und darum, was wir tun können, wenn es vielleicht nicht so ideal gelaufen ist.

Das Kind kommt aus der absoluten Enge. Im Mutterleib war es so eng geworden, dass das Kind sich zusammenfalten und beugen musste. Diese Haltung hat es in der gesamten letzten Zeit der Schwangerschaft.
Nun wird es geboren. Im Geburtsprozess wurde es so eng, dass es begonnen hat, sich zu stecken und zu dehnen, um die Tür in seine Freiheit zu öffnen.
Es wurde so eng, dass der kleine Schädel komprimiert wurde, dass sich die Schädelplatten zusammenschoben, so eng, dass es das Wasser aus der Lunge gepresst hat.

Wenn das Kind mit dem Rumpf aus dem Geburtskanal tritt, öffnet sich die Komprimierung des Brustraumes und es atmet automatisch, reflektorisch ein und bekommt zum ersten Mal Luft in seine Atemgefäße. Die Atmung beginnt. Das ist ein Prozess, der sich entfalten möchte. Die Atmung ist nicht beim ersten Atemzug voll da. In diesem Prozess ist es gut, wenn das Kind weiterhin über seine pulsierende Nabelschnur an der Plazenta hängt und von dort weiterhin mit Sauerstoff versorgt wird. Die Nabelschnur pulsiert so lange, bis das Kind in seiner Atmung angekommen ist.

Durch das Zurückgehen der Pulsation verändern sich die Druckverhälnisse im kindlichen Blutkreislauf langsam. Nach und nach schließt sich das Foramen ovale, der „Tür“ zwischen den Herzkammern des Kindes und nach und nach kann das Blut seinen Weg verändern, der Weg über die Plazenta schließt sich, der Weg in den Lungenkreislauf entfaltet sich. Wenn wir sofort nach der Geburt abnabeln, dann schließen wir diese Tür künstlich und das Blut geht sofort komplett durch den Lungenkreislauf. Und das kann wirklich wehtun.

Alles weitere zur Abnabelung kannst du in einem Post über die Abnabelung lesen oder in meinem YouTube-Kanal sehen.

Ist das Kind geboren, dann lassen wir ihm seine körperliche Position. Heben es vorsichtig über die Seite auf, dass es sich nicht stecken muss und legen es auf den Bauch der Mutter.
Im Idealfall macht das die Mutter selber. Denn die Schwingung der Mutter kennt das Kind und in die Hände seiner Mutter kann es sich hineingeben.

Wir legen es am besten auf den Bauch, die kleinen Beinchen angewinkelt unter sich versteckt und die Mutter legt ihre Hände auf den Po und auf den Rücken des Kindes um ihm liebevoll Rahmen zu geben. Hier wird sich das Kind nach und nach selber entfalten. Zuerst mit den Händchen testen und dann die Beinchen strecken. Es entfaltet sich selbst aus der Position, in der es wochenlang war. Mit dieser Entfaltung streckt sich der Rücken und die Lungen bekommen Raum. Die Nabelschnur pulsiert so lange weiter…

Es ist auch sinnvoll, wenn das Kind so wenig wie möglich fremden Reizen ausgesetzt ist. Die Hebamme darf leise sprechen, die Gynäkologen auch. Eine Naht kann auch genäht werden, wenn das Kind auf der Mutter liegt, die meisten Risse sind eh auf Dammseite, sodass die Nabelschnur dabei nicht stört. Es kann sein, dass so etwas den Gynäkologen kurz erklärt werden muss.. ;-))

Es darf aber nicht nur leise sein, es darf auch abgedunkelt sein. Stell dir vor, du kommst im Sommer aus dem dunklen Flur deines Hauses ins helle Sommer-Sonnenlicht…

Kinder müssen zur Geburt nicht schreien!
So lange ist es Praxis gewesen, die Kinder nach der Geburt zum Schreien zu bringen, da „ein gesundes Kind schreit“,  dass Mütter, deren Kind nach der Geburt nur zwei, drei Schreikrächzer macht und dann zufrieden auf der Mutter zur Ruhe kommt, denken, das Kind sein nicht lebendig…
Die Kinder wurden an den Füßen gepackt und in der Luft gestreckt, mit einem Klapps auf den Popo versehen, damit sie schreien. Doch dieses Schreien ist Ausdruck des Schmerzes. Bei allen Lebensängsten, bewusst unbegründeten Ängsten vor Größe, Höhe oder Lebenskraft können wir schauen, ob uns nicht dieses eben beschriebene Szenario wiederfahren ist und dort gegebenenfalls seine Ursache hat.

Wenn das Kind sich entfaltet hat, wird es von selbst beginnen, die mütterliche Brust zu suchen… Die frühkindlichen Reflexe sind genau wie die anderer Säugetiere darauf spezialisiert, die Brust zu finden und sich selbst anzudocken.
Und das ist auch ein wunderbares Startsignal.. ganz anders, als wenn die Mutter dem Kind die Brustwarze in den Mund steckt, ob es nun schon bereit dafür ist, oder nicht.

Den Übergang vom Menschwerden zum Menschsein dürfen wir unseren Kindern so harmonisch wie möglich gestalten.
Wenn sie in diesem Raum vertrauen, können sie ihr freies Menschsein öffnen und beginnen. Im anderen Fall ziehen sie sich zurück und sichern sich ab. Und dieses Thema ist ein typisches bei uns Menschen… Zumal in diesen Lebensstartmomenten unsere „Standards“ der Parameter festgelegt werden.

Übrigens gibt es auch bei einem Kaiserschnitt die Möglichkeit, die Plazenta nicht vom Kind abzutrennen und die beiden erstmal gemeinsam starten zu lassen…. Das wird nur in den meisten Kliniken nicht automatisch gemacht und muss von den Eltern aktiv eingefordert werden. In vielen Kliniken kommt das Kind bei einem Kaiserschnitt nach einem kurzen Vitalcheck zu seiner Mutter..

Was kannst du tun, um einen verkorksten Start ins Leben frei zu räumen?

Die gute Nachricht ist: die realen Räume, die Räume, die für eine bestimmte Situation unseres Lebens gedacht sind, sind immer da! Sie sind maximal von Themen verdeckt, überspielt oder verdrängt. Sie sind in den allermeisten Fällen zugänglich. Wir müssen nur aktiv auf sie zugehen und sie erlauben.

Deshalb schau und spüre:
Wie fühlt sich dein Start in dieses Leben an?
Wenn du dir vorstellst, du bist gerade geboren worden, wie fühlst du dich?
Vertraust du deiner Umgebung? Tut dir etwas weh? Die Augen vielleicht vom Silbernitrat, dass heute immer noch prophylaktisch den Kindern in die Augen getropft wird?
Spüre genau… und vergleiche, was du spürst mit deinem Leben. Kennst du diese Gefühle?

Nun spüre, wie du dich fühlen würdest, wenn deine Ankommensphase nach der Geburt für dich real gestaltet worden wäre.
Was verändert sich in dir?
Was wäre heute anders?

Kannst du dich für diese freien Räume entscheiden?
Was brauchst du, um sie zu erlauben?
Mut? Ist es nicht verrückt, dass wir Mut brauchen, unsere realen Räume fließen zu lassen? Wenn du Mut brauchst, nimm dir Mut.
Verwöhne dich, sei gut zu dir!

Stell dir vor, deine Mutter hat all ihre Ängste losgelassen und ist die, die sie sein möchte: deine reale Mutter. Und diese Mutter empfängt dich, erkennend, was du brauchst und einlassend auf eure Gemeinsamkeit.

Was verändert das bei dir?
Was wäre anders in deinem Leben, wenn es sich so realisiert hätte?

Spiele mit diesen Ideen und schau, was du brauchst um dich selbst in diesen Räumen zu verwirklichen…

Und nun schau auf deine Parameter: mit wieviel Prozent deiner Ebenen bist du gestartet? Wieviel Prozent Fremdes ist vorhanden in deinem Raum nach der Geburt? Wieviel Prozent deines realen Menschseins konnte sich öffnen? Wieviel Prozent deiner Sinne?

Und wie würde es sich jeweils anfühlen, wenn es sich hätte voll und real öffnen können? Was brauchst du, um das zu erlauben?

Und wenn du Kinder hast, egal wie alt sie sind, dann schau das Ganze genauso an. Hier darfst du dich als Mutter oder Vater verwirklichen...
Was wäre, wenn du als reale Mutter oder realer Vater dein Kind echt und wahrhaftig empfangen hättest?

Viel Freude in eurem Leben!
Yvonne

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